Ein Marienbild aus dem 17. Jahrhundert

 

Ein Marienbild ist ein sehr katholisches Motiv im (damals) eigentlich evangelischen Neuenhain. Aber während des Dreißigjährigen Krieges gab es je nach dem Wechsel des Kriegsglücks zeitweise auch katholische Pfarrer, so Christoph Kummelius (Kümmel) von 1626 bis 1631 unter spanischer Besatzung. Daher hat schon der frühere Pfarrer Schramm (1909 bis 1939) vermutet, dass das Bild aus diesen Jahren stammt und dass es die Rückwand eines von dem spanischen General Spinola mitgeführten tragbaren Feldaltars war. Eine fachkundige Begutachtung im Oktober 2022 hat ergeben, dass das Bild tatsächlich aus dem Anfang des 17. Jahrhunderts stammt.

 

Die Ikonographie des Bildes ist komplex und enthält mehrere Motive, die hier sehr verkürzt wiedergegeben werden: Maria wird als Himmelskönigin gezeigt, zugleich verweist der Mond unter ihren Füßen auf die Offenbarung 12,1. Die strahlende Sonne schließlich deutet auf Maria als die unbefleckt Empfangene. 

 

Der Rahmen zeigt oben und unten eine lateinische Inschrift mit Zitaten bedeutender Theologen und lautet übersetzt:

 

      Wer hat Dir, Jungfrau, den Dir so eigenen und gütigen Gott

      verschafft? Dein vortrefflicher und ungetrübter Glaube.

      Im Chor der Frauen bist Du allein die schönste Jungfrau,

      die eine, zugleich Gottes Tochter, Braut und Mutter.

 

Die letzte Zeile ist ein Bekenntnis zur Dreifaltigkeit, denn:

  • Maria ist vom Vater geschaffen wie wir alle, daher Gottes Tochter
  • als Braut des Heiligen Geistes hat sie von diesem Jesus empfangen
  • damit ist sie die Mutter Jesu. 

Für das Bild und den Text gibt es in Kunst und Literatur der Epoche zahlreiche Parallelen, offensichtlich im Kontext mit den gegen-reformatorischen Bestrebungen der Zeit. Die Herkunft des Gemäldes ist aus stilistischen Gründen ebenfalls in diesem Zusammenhang zu suchen.

 

Offen ist, ob das Bild tatsächlich schon im 17. Jahrhundert nach Neuenhain gelangte oder doch erst, wie große Teile der Ausstattung von Maria-Hilf, aus Säkularisationsgut, das nach 1803 im Rhein-Main-Gebiet verteilt wurde. Auch spricht der untere Abschluss der Tafel eher für ein an der Wand aufzuhängendes Bild als für einen Feldaltar.

 

Die „Wiederentdeckung“ des Bildes ist Artur Mangold zu verdanken, dem Archivar und langjährigen Mitglied des Verwaltungsrates von Neuenhain.